Tipps von
U. Eco, wie man eine wissenschaftliche Abschlussarbeit schreibt
Studentinnen und Studenten der Geisteswissenschaft ist
Umberto Eco unter anderem ein Begriff als Autor des Ratgebers „Wie man eine wissenschaftliche Abschlussarbeit
schreibt“. Aber nicht nur angehende Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler, sondern jeder, der textet, sollte wissen, wie man gutschreibt:
nämlich auf die Leser fokussiert und ihre Bedürfnisse erfüllend. Hierzu die sieben Tipps von Umberto Eco, die jeder,
der textet, beachten sollte.
Wer schreibt – und nich bloss ein Tagebuchschreiberling
ist – formuliert normalerweise nicht nur für sich im stillen Kämmerlein.
Sondern er verfasst Texte, die auch von jemandem gelesen werden sollen. Damit
der Inhalt richtig rüberkommt, muss sich der Leser angesprochen fühlen. Er
muss spüren, dass der Text für ihn geschrieben wurde. Er versteht alles, der
Text ist schlüssig aufgebaut, so dass er sich begleitet fühlt.
Wer Texte schreibt und damit etwas bezwecken will,
muss wissen, „an wen er sich wendet“, wie Umberto Eco es auf den Punkt gebracht
hat. Und meistens richtet man sich mit seinen Texten an ein grösseres Publikum
und weniger an einen elitären Kreis von Experten und Wissenschaftler vom Fach.
Deshalb gilt nach Eco umso mehr:
Einen Irrtum gilt es von vorneherein auszuräumen.
Viele glauben, ein allgemeinverständlicher Text, in dem die Dinge so erklärt
sind, dass alle sie verstehen, stelle geringere Anforderungen an die
Ausdrucksfähigkeit als eine spezialisierte wissenschaftliche Untersuchung, bei
der alles in Formeln ausgedrückt ist, die nur wenige Eingeweihte verstehen.“
(Umberto Eco, «Wie man eine
wissenschaftliche Abschlussarbeit schreibt»,
12. Auflage, 2006, S. 183) Dieses Zitat leitet über zu einem weiteren
hilfreichen Hinweis von Eco:
„Ihr seid nicht Proust.“
Der Satz meint: keine langen Sätze, keine
ineinander verschachtelten Ungetüme. Nicht immer sind kompliziert verfasste
Texte, die nur so strotzen vor lauter Fremdwörtern, auch tatsächlich von guten
Wissenschaftlern verfasst. Gute Texte von guten Wissenschaftlern bzw. Studenten
sind klar und allgemein verständlich.
Sollte es beim Drauflosschreiben doch passieren, dass-Sätze
lang und länger werden: Einfach zu Ende schreiben und dann aufteilen. In
aufeinanderfolgenden Sätzen zweimal dasselbe Subjekt zu verwenden, ist keine
Schande. Zu viele Nebensätze hingegen erschweren dem Leser das Verstehen.
Satzzeichen helfen, einen Text zu strukturieren.
Wichtig: Satzzeichen sollten korrekt gesetzt sein, sonst sagt ein Satz schnell
mal etwas völlig Anderes aus, als eigentlich gemeint ist: Zum Beispiel: „Kurt sagt,
Karl ist dumm.“ Oder: „Kurz, sagt Karl, ist dumm.“
«Ihr seid nicht e.
e. cummings.»
Cummings, ein amerikanischer Schriftsteller, war
„Avantgarde“-Dichter und schrieb seinen Namen immer in Kleinbuchstaben. Er
zerhackte seine Verse und verwendete Satzzeichen sehr spärlich. Wer einen
Artikel über diesen Dichter schreiben möchte, weil er einen Blog zur
amerikanischen Literatur betreibt, tut gut daran, die Art zu schreiben von e.
e. cummings nicht zu kopieren. Denn nur weil ich über eine bestimmte Person
oder ein bestimmtes Thema schreibe, muss ich nicht wie diese Person schreiben.
„Ein Psychiater, der über Geisteskranke schreibt, drückt sich nicht wie ein
Geisteskranker aus.“ Was Eco damit meinte: Schreibe Deinen Text so, dass er
allgemeinverständlich ist und nicht nur von einem kleinen, auserwählten Kreis
von Insidern verstanden wird. Schreiben ist etwas sehr Persönliches und
soll auch zu Dir passen. (Mit Deiner Persönlichkeit konsistent sein.)
„Definiere jeden
Begriff, wenn Du ihn zum ersten Mal verwendest.“
Kann man einen Begriff nicht verständlich erläutern,
sollte er auch nicht verwendet werden. Mit Fachbegriffen um sich zu schmeissen,
kann ordentlich ins Auge gehen. Kannst Du auch nur ein Fachwort nicht
definieren, gehört es nicht in den Text. Verwende daher nur Begriffe in Deinen Texten,
die entweder allgemein bekannt sind oder die Du bei der ersten Nennung
kurz und verständlich erklären kannst.
„Schreibt alles,
was euch durch den Kopf geht, aber nur im ersten Durchgang.“
Bevor man stundenlang vor dem weissen Blatt oder dem
blinkenden Cursor vor dem leeren Word-Dokument sitzt, hilft es, einfach drauflos zu
schreiben. Selbst wenn es nur Stichworte sind, die das Thema grob umreissen.
Wer einfach drauflos schreibt, wird von der Begeisterung für das Thema getrieben.
Das ist gut so. Soll der Beitrag auch veröffentlicht werden, muss jedoch ein
korrigierender Durchgang her: Klammersätze fallen dem Rotstift zum Opfer,
Abschweifungen, Füllwörter müssen gelöscht werden.
„Rhetorische
Figuren verwendet man oder man verwendet sie nicht.“
Wer rhetorische Stilmittel in seinen
Artikel einbauen will, geht davon aus, dass der Leser sie versteht. Eine
wichtige Argumentation im Text kann durch geschickt eingesetzte Rhetorik
eindrucksvoll und eindrücklich überzeugen. Bildliche Sprache einzusetzen
macht vor allem beim „Storytelling“ Sinn. Der Leser wird dadurch auf eine Reise
mitgenommen und sein Verstand wird angeregt. Wer gerne bildlich und lebhaft
schreibt, soll dies tun – allerdings unbedingt vermeiden, solche bildhaften
Wendungen und rhetorischen Mittel zu erklären! Eco meint dazu in wenig
bildhafter Sprache:
„Hält man seine Leser für Idioten, dann
sollte man keine rhetorischen Figuren gebrauchen, aber sie gebrauchen und sie
erklären, heißt den Leser als Idioten zu bezeichnen.“
„Macht viele
Absätze.“
Da muss Umberto Ecos Zitat nicht erklärt werden! Immer
dann, wenn es nötig ist, wenn der Text seinen Rhythmus vorgibt. Absätze
gliedern den Text und vermeiden so lange Textwürste.
Christoph Frei
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