Freitag, 24. Februar 2017


Mein einunddreissigster bester Schreibtipp für bessere Texte





Was ist »wissenschaftlich« am wissenschaftlichen Schreiben?

Wissenschaftliches Schreiben unterscheidet sich deutlich vom Schreiben auf anderen Gebieten wie der Schule oder im Journalismus.  Aber was ist eigentlich das Besondere am »wissenschaftlichen« Schreiben?
Es ist nicht ganz einfach, "wissenschaftliches schreiben" so zu formulieren, dass es für alle Wissenschaften gültig ist. Otto Kruse nennt in seinem UTB-Band «Lesen und Schreiben» folgende Aspekte, die von den meisten Disziplinen bejaht werden:

Methodisch begründetes Vorgehen
Eine wissenschaftliche Arbeit muss Auskunft geben, wie das dargestellte Wissen gewonnen wurde, sei es aus eigenen Überlegungen, aus den Forschungen anderer oder aus eigener Forschung. Der Prozess der Erkenntnisgewinnung, der hinter dem Text steht, muss also offen gelegt und reflektiert werden. Er muss für andere nachvollziehbar und nach Möglichkeit auch reproduzierbar sein.

Objektivität
Wissenschaftliche Aussagen sollen frei sein von subjektiven Urteilen und Meinungen der Untersucher. Wo Meinungen und Urteile gefällt werden, müssen diese expliziert und begründet werden.

Systematik
Alles Wissen muss an die disziplinäre (manchmal auch interdisziplinäre) Wissenssystematik des Faches angebunden werden. Wissen steht nicht für sich allein, sondern ist immer im Kontext des bereits vorhandenen Wissens darzustellen und einzuordnen.

Kritikgebot
Dogmatismus ist zu vermeiden, und zwar dadurch, dass als Grundhaltung eine skeptische, kritische Haltung gegenüber dem Wissen eingenommen wird. Dies bedeutet nicht, dass alles kritisiert werden muss, aber wohl, dass alles Wissen, bevor es verwendet wird, kritisch geprüft wird.

Einhaltung von Darstellungskonventionen
Konservativ ist Wissenschaft in Bezug auf Textnormen. Etablierte Konventionen, wie sie für einzelne Textgenres definiert sind, müssen eingehalten werden.

Sprachliche und terminologische Genauigkeit
Wissenschaft verlangt eine präzise, eindeutige Sprache und Verwendung der im Fach üblichen Begriffe.

Christoph Frei


Montag, 20. Februar 2017


Warum Dein Text ein Lektorat braucht II



Folgende Gründe sprechen für ein professionelles Lektorat

1. Lektorierte Texte werten Dein Unternehmen auf

Durch Texte, die lieblos oder ungeschickt formuliert sind und womöglich noch offensichtliche Fehler enthalten, leidet der Ruf Deines Unternehmens stark. Es ist immer der erste Eindruck, der zählt. Und der sollte unbedingt positiv sein. Schliesslich willst Du neue Kunden mit den Werbematerialien, den Blogbeiträgen, den Webtexten an Land ziehen und bestehende Kunden binden! Nicht nur, dass Dein  Ruf leidet, auch geht das Vertrauen in Deine fachliche Kompetenz verloren, wenn ein fehlerhafter Text in Umlauf geht. Ein Text, der von einem Lektor auf Herz und Nieren geprüft wurde, erhöht die Erfolgschancen Deiner Marketing-Texte.

2. Mehr Zeit für die operativen Geschäfte im Unternehmen

Einen Text zu schreiben, genau das auf den Punkt zu bringen, was die Kernaussage ist, ist nicht jedermanns Sache. Man schreibt vor sich hin, grübelt ständig darüber nach, ob man das nicht noch besser ausdrücken könnte und im Nu sind mehrere Stunden vergangen. Du benötigst diese wertvolle Zeit für andere Geschäfte im Unternehmen, nicht für einen kurzen Text für die Homepage. Doch verzage nicht. Schreibe einfach drauf los, denke dabei nicht zu viel nach. Während des Schreibens entstehen meistens die besten Ideen! Überprüfe am Schluss den Text noch einmal, tilge die schlimmsten Fehler und lege ihn beiseite. Dein Lektor wird den Rest für Dich übernehmen und den Text zum Glänzen bringen.

3. Ein Lektorat erhöht die Erfolgschancen Deiner Texte und damit den Umsatz.

Überarbeitete Texte lesen sich flüssig und geschmeidig, es ist interessant, sie zu Ende zu lesen. Wer einen Text verfasst, muss an so vieles denken: Formuliere ich für die richtige Zielgruppe, interessiert das meine Zielgruppe überhaupt? Habe ich alle Punkte angeführt, auf die ich eingehen wollte? Fehlt etwa ein wichtiger Absatz? Habe ich alle Beistriche richtig gesetzt? Heisst es korrekt „Apres-ski“ oder „Après-Ski“? Überlasse all diese Fragen einem professionellen Lektor und konzentriere Dich auf Deine Kernkompetenz. Schreibe selber oder lasse einen fähigen Mitarbeiter die Texte schreiben und investiere dann in einen guten Lektor. Texte, die veröffentlicht werden, sollen Kunden ansprechen und einen positiven Eindruck hinterlassen. Ein Lektorat wertet Deinen Text auf und verhilft Dir  zu mehr Kunden und Umsatz.

Gönne Dir den Luxus eines Lektorats. Wer einmal mit einem guten Lektor zusammengearbeitet hat, weiss die Argusaugen,  die jeden kleinen Fehler entdecken, zu schätzen. Und wenn Du Dich  dafür entscheidest, doch keinen Lektor für Deine Texte zu engagieren, versuche es gelassen zu nehmen, wenn Deine teure Hochglanzbroschüre gerade mit einer Auflage von 1.000 Stück und einem hässlichen Tippfehler in einer Überschrift in Druck geht.

Christoph Frei

Sonntag, 19. Februar 2017


Warum Dein Text ein Lektorat braucht I



Es gibt mehrere Gründe, warum ein Text, bevor er veröffentlicht und von einem grösseren Publikum gelesen wird, lektoriert werden sollte. Zu allererst sollte ein Autor sich eingestehen, dass er nicht unfehlbar ist. Fehler passieren jedem und auch der beste Texter oder Lektor kann mal einen Fehler übersehen. Texte sind sehr persönliche Angelegenheiten eines Autors, zuzugeben, dass man Fehler machen könnte, dass eine Formulierung oder ein ganzer Absatz nicht gut gelungen ist, bedeutet, dass man Hilfe benötigt. Und das fällt manchmal richtig schwer.

Situationen, in denen man ernsthaft über ein professionelles Lektorat nachdenken sollte:

Ich sitze seit mehreren Stunden an ein und demselben Text und komme einfach nicht weiter. Jeder Buchstabe fliesst zäh wie Honig aus dem Kopf über die Finger in die Tasten. Das nächste weisse Blatt zeigt sich am Bildschirm, der Unmut steigt.

Sobald der Text fertig ist, lese ich ihn wieder und wieder und finde Stellen, die sich nicht flüssig lesen, und formuliere um und schreibe neu und lösche wieder und werde mit dem Text einfach nicht fertig.


Ich kann den Text zwar flüssig schreiben, aber mit der Rechtschreibung und der Grammatik klappt es nicht so recht. Auch bin ich mir nicht sicher, wo die ganzen Beistriche korrekt gesetzt werden.


Meine Texte sind für die Veröffentlichung vorgesehen und sollen von einem breiteren Publikum gelesen werden. Ich schreibe Blogbeiträge, Pressemeldungen, Texte für Websites, ein Manuskript für ein E-Book oder ein Buch, einen Folder für mein neues Unternehmen u.ä.m.


Ich kümmere mich hauptsächlich um die operativen Geschäfte in meinem Unternehmen, Texte zu schreiben sind Nebensache. Einen Text derart vorzubereiten, dass er veröffentlicht werden kann, raubt mir zu viel Nerven und kostbare Zeit, die ich anderweitig für meine Geschäfte benötige.


In solchen oder ähnlichen Situation wirst Du von einem professionellen Lektorat profitieren. Wer für ein gutes Lektorat extern bezahlt, bekommt diese Ausgaben anderweitig wieder zurück. Nämlich dann, wenn die lektorierten und korrigierten Texte ihr Ziel erreichen und als Flyer Kunden ins Unternehmen locken, als der Blog- oder Newsletter-Beitrag den Traffic auf der Website erhöhen, als Diplomarbeit von Deinem Professor gute Zensuren erhalten oder als Manuskript von einem Verlag angenommen werden. Letzteres gilt im Übrigen auch für Dissertationen.

Christoph Frei

Freitag, 17. Februar 2017


Noteninflation im Unterrichtsfach Deutsch




Die Evaluation der Maturitätsreform von Prof. Dr. Eberle und seinem Team der Universität Zürich hat zutage gefördert, dass ein grosser Teil der Maturanden in der Erstsprache kein für ein Studium genügendes Niveau erreicht. Prüfungsexperten bestätigen auf Anfrage, dass es Maturanden gibt, die kaum einen einzigen deutschen Satz korrekt schreiben können. Fehler in der Rechtschreibung seien zudem bei fast allen nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Interessant in diesem Zusammenhang ist freilich der Umstand, dass, so der Bericht zu EVAMAR II, nur 4.7 % ungenügende Maturanoten in der Erstsprache erteilt werden, wohingegen 24.4 % ungenügende Maturanoten in Mathematik auszumachen sind. – Ist das tatsächlich ein Problem? Und wenn ja, warum?

Vor allem in der Erstsprache zeigt gerade nicht die Maturanote das Problem, das mit 4.7 % Ungenügenden natürlich auch keines wäre. Die Maturanoten in Deutsch stehen sowohl für literarisches Wissen als auch für die Fähigkeit der Textproduktion. In den mündlichen Prüfungen und für die Vornoten dürfte Ersteres womöglich gewichtiger sein, weshalb eine Note 4 (oder leicht höher) im Maturitätszeugnis nicht mit ausreichenden Erstsprachenkenntnissen gleichzusetzen ist. Mit andern Worten garantieren die genügenden erstsprachlichen Maturitätsnoten in keiner Weise eine allgemeine Studierfä- higkeit. Dies freilich nicht, wie Prof. F. Eberle in seiner Replik auf den Aufsatz «Bildungsstandards ante portas» von W. Herzog im «Gymnasium Helveticum 3/2015» festhält, weil Maturitätsnoten sich in erster Linie auf Literaturkenntnisse abstützen und keine Aufgaben zur Erfassung der Sprachkompetenz von universitären Fachtexten des ersten Studienjahres oder die Fähigkeit zur Reflexion ebensolcher Texte aus dem ersten Studienjahr berücksichtigen. Wenn die Evaluation der Maturitätsreform 1995 (Phase II / EVAMAR II) 2008 zum Ergebnis kommt, dass rund ein Drittel der Maturanden in der Erstsprache und in Mathematik kein für die Hochschulen akzeptables Niveau ausweist, jedoch nur in Mathematik bei Maturitätsprüfungen mehr als 20 % der Absolventen keine genügende Note erzielt, im Unterrichtsfach Deutsch jedoch lediglich 4.3 %, so lieg der Schluss nahe, dass im Unterrichtsfach Deutsch zu gute Noten erteilt werden. Kurz, die Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer verursachen die ihnen so oft vorgehaltene Noteninflation in ihrem Fach selber. In der «Neuen Zürcher Zeitung» vom 21. Januar 2015 sagt EDK Generalsekretär Ambühl, die Qualität der Gymnasien beschäftige die EDK sehr. Die Klagen über mangelhafte Orthographie und Syntax, Defizite in der sprachlichen Logik, ganz generell über den schriftlichen Ausdruck, nähmen zu. Dabei wäre der Auftrag eindeutig. «Der Artikel 5 des Maturitätsanerkennungs-Reglements ist nichts anderes als die Umschreibung einer Bildung einer akademischen Elite.» Er betont, die Gymnasien hätten eine Bringschuld. Gerade weil die EDK das System mit einer relativ hohen Freiheit für die Gymnasien und dem prüfungsfreien Zutritt an die Hochschulen erhalten wolle, müssten die Gymnasien ein Interesse daran haben, jene Qualität zu garantieren, zu der sie auch verpflichtet sind. Was heisst das für die Gymnasien und die Deutschlehrer? Wenn festgestellt wird, dass ein gefühltes Drittel der Maturandinnen und Maturanden nicht tolerierbare Fehler in Orthographie und Syntax begeht, dass ihr schriftlicher Ausdruck oft ungenügend ist, so müssen Gymnasiallehrer und Schulleitungen dringend wieder mehr Wert auf den schriftlichen Ausdruck legen. Statt rein quantitative Beteiligungsnoten mit Strichen für jede Wortmeldung zu erteilen, die erste und zweite Lautverschiebung in der Sprachgeschichte oder die Götter der antiken Mythologie memorieren zu lassen, um sie nachher zu examinieren, statt den Aufsatz je zur Hälfte über die Grössen Form und Inhalt zu bewerten, so dass sprachlich ungenügend ausformulierte Texte immer noch mit der Note 4 (im Sinne von Inhalt 5 Sprache 3) bewertet werden können - obwohl das Fach nicht Phantasie oder Originalität, sondern deutsche Sprache heisst -, muss man vermehrt auch wieder streng sein können. Man muss korrigieren, und zwar korrekt und genau, anstatt bei der Note 3.75 oder 3.5 die Skala nach unten abzufedern. Nur gute Lehrer erteilen schlechte Noten, hiess es einmal. Das ist aber unbequem und verlangt vor allem Zivilcourage. Gefordert sind also in erster Linie die Gymnasiallehrer: Haben sie den Anspruch, junge Menschen auf ein Hochschulstudium vorzubereiten, dürfen sie vor den katastrophalen Sprachfehlern und den formalen Inkompetenzen ihrer Schützlinge nicht länger die Augen verschliessen. – Andernfalls werden die Erziehungsdirektoren der Kantone sich für basale fachliche Kompetenzen starkmachen. Möglich, dass dies die Gymnasien unter Druck setzen würde, die Grundlagen in der Erstsprache besser zu vermitteln und adäquater zu benoten. Eine andere Frage ist, ob es dann wirklich besser wird. Mit Sicherheit wäre dann der Weg von den basalen Kompetenzen hin zu Bildungsstandards nicht mehr weit. Davon ist allerdings abzuraten, auch und vor allem mit Blick auf Erfahrungen, die in andern Ländern schon gemacht worden sind.

Christoph Frei

Wir alle sind ein offenes Buch 
Ein Beitrag zur zwischenmenschlichen Kommunikation




Seit Schulz von Thuns Erörterungen zur zwischenmenschlichen Kommunikation wird im Anschluss an Paul Watzlawicks Untersuchungen „Menschliche Kommunikation“ und Karl Bühlers „Das Organon Modell der Sprache“ dem Umstand Rechnung getragen, dass Nachrichten grundsätzlich auf vier verschiedenen Ebenen gesendet und empfangen werden. Hierzu zählen die Inhaltsseite, die Beziehungsseite, die Seite der Selbstoffenbarung sowie der Appell. Missverständnisse erklärt Schulz von Thun damit, dass der Sender auf einer anderen Ebene kommuniziert, als der Empfänger die Nachricht entschlüsselt. Betritt zum Beispiel ein Lehrer das Klassenzimmer mit den Worten „Hier ist aber wieder eine Stinkluft“, können die Schüler auf der Sachebene reagieren und ein Fenster öffnen. Reagieren sie demgegenüber auf der Beziehungsebene, begegnen sie dem Lehrer mit den Worten: „Sie haben heute wieder einmal schlechte Laune.“ - Schulz von Thun erkannte also, dass eine Nachricht ein komplexes und vielfältiges Gebilde darstellt und immer mehrere Botschaften gleichzeitig enthält. Dies ist eine Grundtatsache zwischenmenschlicher Kommunikation, die wir nicht ausblenden dürfen, wenn wir verstehen wollen, wie wir miteinander umgehen. 

Nach der Theorie von Schulz von Thun lässt sich eine Nachricht in vier verschiedene Aspekte oder Botschaften einteilen. Das bedeutet, dass auf vier verschiedenen Ebenen gesendet als auch empfangen wird. Daher sollte unschwer zu verstehen sein, weshalb es bei der zwischenmenschlichen Kommunikation so häufig zu Missverständnissen kommt. Der Sender kommuniziert auf einer anderen Ebene, als der Empfänger empfängt. Gesetzt den Fall, eine Schülerin sagt zum Deutschlehrer, um ihre schlechte Aufsatznote zu kommentieren: „Ich weiss schon, warum ich eine schlechte Note erhalte, Sie mögen mich eben nicht“, verlagert sie das Problem des schlecht verfassten Aufsatzes auf die Beziehungsebene, da sie sich nicht mit der Sachebene auseinandersetzen will. Sie verwechselt somit den Inhaltsaspekt mit dem Beziehungsaspekt.

 Um die vier verschiedenen Botschaften Inhalt, Beziehung, Selbstoffenbarung und Appell der menschlichen Kommunikation zu verdeutlichen, betrachten wir zusätzlich einen andern Fall. Ein Mathematiklehrer trifft zum Beispiel einen seiner Schüler, als der Unterricht schon begonnen hat, im Schulhausflur. Streng sagt der Lehrer zum Schüler: „Sie haben doch jetzt Physik.“ Der Schüler reagiert gereizt und antwortet: “Sie spionieren mir also nach?“

Betrachten wir zunächst die Nachricht ausschliesslich von der Seite des Lehrers. Auf der Sachebene übermittelt der Lehrer die Botschaft, dass der Schüler nicht in der Physik, folglich woanders, ist. Da der Lehrer seine Aussage in einem strengen Tonfall ausspricht, kann man davon ausgehen, dass er nicht aus Interesse fragt, sondern zu Kontrollzwecken. Der Selbstoffenbarungsaspekt dieser Nachricht lautet somit „Ich kontrolliere Sie!“ Auch durch den strengen Tonfall kann man auf den Beziehungsaspekt schliessen. Der Lehrer vermutet wahrscheinlich, dass der Schüler die Schule schwänzen will. In seiner Nachricht teilt der Lehrer dem Schüler mit, dass er verdächtigt wird. Natürlich will der Lehrer, dass der Schüler dies zugibt und die Physikstunde besucht. Die Appellseite dieser Nachricht lautet also „Geben Sie es zu!“ und „Gehen Sie in die Physik!“ Durch die Antwort vom Schüler können wir versuchen, auf die empfangene Nachricht zu schliessen. Den Sachinhalt wird der Schüler kaum falsch verstanden haben. Er empfängt auf der Sachebene dasselbe, wie der Lehrer gesendet hat, nämlich „Ich bin nicht in der Physik.“ Da der Schüler der Meinung ist, dass dies den Mathematiklehrer nichts angeht, versteht er auf dem Selbstoffenbarungsaspekt „Der Lehrer denkt, er könne sich in alles einmischen.“ Auf der Beziehungsseite versteht er – begünstigt durch den strengen Tonfall -, dass der Lehrer ihn verdächtigt. Folglich versteht er: „Sie stehen unter Verdacht.“ Auf der Appellseite versteht er dasselbe, so wie es der Lehrer mitteilen wollte, nämlich „Geben Sie es zu!“ Da der Schüler die freie Wahl hat, auf welchem Ohr er besonders gut hinhört und er nicht auf den Sachverhalt oder den Appell eingehen will, argumentiert er auf der Beziehungsseite und antwortet: „Sie spionieren mir also nach!?“ Möglich, dass sich so besser verstehen lässt, warum wir mit vier Zungen sprechen und mit vier Ohren hören, wobei immer alle vier Aspekte der Kommunikation gegeben sind, in der Regel jedoch eine Dimension im Vordergrund steht. Erklärt der Mathematiklehrer die quadratische Gleichung, steht wohl die Sachebene im Zentrum. Fragt eine Schülerin ihren neuen Schulfreund: „Liebst du mich noch?“, wird der junge Mann kaum mit der Antwort aufwarten: „Ja, da müssten wir zuerst einmal definieren, was überhaupt unter Liebe zu verstehen ist“; schliesslich zielt die Frage auf den Beziehungsaspekt und nicht auf die Inhaltsseite. Der junge Mann wird wohl eher auf die Selbstoffenbarungsseite der Schülerin reagieren und mit „Ja sicher“ oder mit „Ganz bestimmt“ antworten. 

Betritt dagegen eine Lehrperson das Zimmer einer lauten Klasse mit den Worten „Mehr Lärm!“, erhofft sie sich durch den paradoxen Satz die Klasse zu beruhigen, was funktionieren kann, sofern sie selbstbewusst genug auftritt und so zum Ausdruck bringt, wer Herr im Hause ist. Letzteres ist also nur dann möglich, wenn nonverbale und verbale Äusserung gewissermassen kongruent sind. Nicht kongruent sind sie freilich, wenn ein Lehrer nach der Lektion auf die Frage eines Schülers nach einer unverstandenen Aufgabe mit den Worten antwortet: „Sie wissen, für meine Schüler habe ich immer Zeit“ und dabei gleichzeitig die Mappe packt. Noch deutlicher wird das Autoritätsgefälle zwischen Schüler und Lehrer, wenn dieser beim Referat eines Schülers sich demonstrativ nach hinten begibt und anfängt, den Kasten mit dem Schulmaterial ein- oder auszuräumen. Die Lehrerhandlung ist umso schändlicher, als sie nonverbal ausfällt, zumal das Nonverbale älter ist als das Verbale und daher auch prägnanter und definitiver vom Kommunikationspartner aufgefasst wird. Hier von Mobbing zu sprechen, ist mit Sicherheit nicht falsch.  

Auch wenn der Begriff „Mobbing“ in aktueller Zeit immer präsenter und auch bekannter wird, eine einheitliche Definition gibt es nicht. Ursprünglich wurde der Begriff von Konrad Lorenz geprägt, der damit die Verhaltensweise von Tieren in solchen Situationen beschrieb, wenn mehrere von ihnen gemeinsam auf ein anderes Tier losgehen – mit dem Unterschied, dass es sich in der Tierwelt hauptsächlich um Verteidigungssituationen gegen Fressfeinde handelt. Als später klar wurde, dass das Phänomen „mehrere gegen einen“ auch beim Menschen zu beobachten ist, fand der Begriff Einzug in die moderne Sozialforschung. Für den Menschen war und ist der Hauptbereich, in dem Mobbing thematisiert wird, die Arbeitswelt oder, wenn Jugendliche betroffen sind, die Schule. Allgemein lässt sich sagen, dass unter Mobbing (im Englischen und der entsprechenden Fachliteratur wird der Begriff „bullying“ gebraucht) zu verstehen ist, wenn mehrere Personen gegen eine andere Person vorgehen, sie zum Beispiel diskriminieren, schikanieren oder ganz einfach schlecht behandeln. Gemäss einer Studie der deutschen Bundesregierung erfolgt Mobbing oft unter Kollegen bzw. Gleichgestellten (also „peers“), aber in fast 50 Prozent der Fälle sind auch Vorgesetzte beteiligt. Man geht davon aus, dass das Phänomen Mobbing nicht hauptsächlich in den Persönlichkeitszügen der Beteiligten begründet ist, sondern vielmehr auch durch organisationsinterne Faktoren begünstigt wird. Beispielsweise führt Überlastung oder Überforderung am Arbeitsplatz zu Stress, welcher sich wiederum in Form von Mobbing äussern kann. Wichtig ist, dass Betroffene nicht dem Irrglauben verfallen, sie selbst und ihre Persönlichkeit seien allein für das Mobbing verantwortlich. Ein Satz wie „Du bist ein schwatzhafter, liederlicher Schüler“ ist sicher grenzwertig und wird in den meisten Fällen auch nur dann geäussert, wenn der Lehrer einen Schüler treffen oder verletzen will. Von der Sache her gibt er ihm zu verstehen: „Du bist nicht einfach.“ Die Selbstoffenbarung lautet: „Mich stört deine Art.“ Hinsichtlich der Beziehung lässt der Lehrer den Schüler wissen, dass er die Beziehung dominiert, zumal die Äusserung nicht reziprok aufzufassen ist, da der Schüler nicht in dieser Form mit dem Lehrer sprechen kann. Neben dem Herrschaftsanspruch des Lehrers gibt der Satz auf der Appellseite dem Schüler die folgenden Imperative zu verstehen: „Nimm dich zusammen! Gib dir mehr Mühe! Du lässt dich gehen!“ Umgekehrt decodiert der Schüler den Satz auf der Inhaltseite mit: „Ich bin kompliziert“, auf der Seite der Selbstoffenbarung „Der Lehrer stört sich an mir.“ - „Ich gehe ihm auf die Nerven“ oder „So können wir nicht weiterfahren“ wird in etwa der Beziehungsaspekt aus Sicht des Schülers ausfallen. Die Ebene des Appells, die in diesem Fall wohl im Vordergrund steht, wird für den Schüler heissen: „Ich muss mich ändern!“

Nicht minder problematisch und konfliktträchtig sind gewisse Kommunikationsstrukturen zwischen Lehrpersonen und Schulleitungen. Vor allem lässt sich diesbezüglich das folgende Faktum herausschälen: Die unverhohlene oder verhohlene Bevorzugung der EINEN ist die unverhohlene oder verhohlene Herabsetzung der ANDERN. Ein klarer Fall von Mobbing, auch wenn nicht alle Beteiligten sich des Sachverhalts bewusst sind. Sowenig wie Lehrpersonen Schülerinnen und Schüler bevorzugen dürfen, sowenig können Schulleitungen sich mit einigen handverlesenen Günstlingen umgeben. Im einen wie im andern Fall wird ein solches Verhalten von Lehrpersonen oder Schülern als unfair und parteiisch abqualifiziert. Man fühlt sich ausgeschlossen, isoliert und übergangen. Natürlich auch gemobbt. Klassische Beispiele finden sich am Jahresanfang oder am Jahresende, also etwa beim alljährlichen Weihnachtsessen oder beim Neujahrsapéro. Kommt ein Schulleiter oder eine Schulleiterin bei einem Jahresschlussessen etwas verspätet und lobt er oder sie dann eine Fachschaft wie vielleicht die Physik für das glanzvolle Abschneiden beim  Swiss Young Physicists' Tournament, preist einen Fachvorstand für sein Engagement, das bis an und über die physische und psychische Belastung hinausgehe, dankt einer Kommission für ihren professionellen Einsatz, ohne sich auch beim Rest des Kollegiums zu bedanken, verhält er oder sie sich so unbewusst unsensibel wie eine Lehrperson, die es nicht unterlassen kann, bei jeder Gelegenheit den Schüler X oder die Schülerin Z für ihre Intelligenz und ihr Fachwissen zu loben. Die unverhohlene Hervorhebung irgendwelcher Leistungsträger führt zur unverhohlenen Herabsetzung des ganzen Rests der Klasse. Genauso stossend ist die scheinbar undurchschaubare Beförderungsquote, wenn sowieso die ganze Schule weiss, wer in diesem oder jenem Jahr abermals nicht befördert wurde. Auch das Privileg, sich immer wieder den ach so beliebten Freitag als Arbeitstag streichen zu lassen, die grosszügige Erteilung von Weiterbildungswochen, während andern die Anträge auf Weiterbildung verweigert werden, weil sie nicht mit dem erteilten Fach in einem engeren Zusammenhang stehen, schafft nur böses Blut. Die Betroffenen, wer kann es ihnen verdenken, fühlen sich herabgesetzt und ungerecht behandelt. Auch kann es im Grunde nicht angehen, dass Lehrpersonen alle paar Jahre ein unbezahltes Sabbatical einziehen, nur weil sie von Haus auf keine finanziellen Sorgen kennen oder keine materiellen Ansprüche ans Leben stellen. Andere wiederum reichen bei eigentlich offiziellen Schulveranstaltungen wie Wintersporttagen oder Lehrerausflügen Jahr für Jahr ein Gesuch für Beurlaubung ein, entweder weil sie keine Lust haben oder, wie sie vorgeben, die Betreuung für die Kinder während ihrer Abwesenheit zu teuer komme. Auch nicht gerade guter Stil ist es, wenn Schulleitungen mit den immer gleichen Kolleginnen und Kollegen essen gehen und sich dabei über sogenannte Schul-Interna austauschen. Wie aber will das jemand wissen, der gar nicht dabei ist? An allen Schulen gibt es so etwas, dem man früher Buschtelefon gesagt hat. Fehlt zum Beispiel der Einzahlungsschein für den Wintersporttag im offenen Lehrerfach, wissen auch alle, wer in diesem Jahr wieder daheim bleibt. Offensichtlich kann an einer Schule als einem lebendigen Organismus nichts unter dem sogenannten Deckel gehalten werden. Eine Schule lässt sich nicht unter eine Glasglocke stellen. Alles kommt irgendwann ans Licht, alles ist letztlich öffentlich. Schulen sind so wie wir Menschen ein offenes Buch! 

Die Eltern wissen alles über Lehrer und Schule von ihren Kindern, die Kollegen tauschen sich unter einander aus, besonders wenn sie gut vernetzt sind und sich über offensichtliche Missstände und Ungerechtigkeiten ärgern, vieles lässt sich non-verbal erkennen und alle sprechen im Sinne von Schulz von Thun immer auch über sich selbst, wenn sie denn sprechen. Selbst wenn sie nur „Guten Tag“ und „Auf Wiedersehen“ sagen. Dies liegt eben am Selbstoffenbarungsaspekt der Sprache, wobei sich am Schluss lediglich die Frage stellt, wie sehr einen die andern interessieren. Freilich ist dabei wohl davon auszugehen, dass so wie Schüler sich oft und gerne über Lehrpersonen auslassen, sich auch Lehrpersonen oft und gerne über Schulleitungen auslassen, namentlich wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen. Dass dies, zu Recht oder nicht, für fast alle Lehrpersonen zutrifft, ist an dieser Stelle nicht auszuschliessen.

Christoph Frei






Wir alle sind ein offenes Buch
 Ein Beitrag zur zwischenmenschlichen Kommunikation



Seit Schulz von Thuns Erörterungen zur zwischenmenschlichen Kommunikation wird im Anschluss an Paul Watzlawicks Untersuchungen „Menschliche Kommunikation“ und Karl Bühlers „Das Organon Modell der Sprache“ dem Umstand Rechnung getragen, dass Nachrichten grundsätzlich auf vier verschiedenen Ebenen gesendet und empfangen werden. Hierzu zählen die Inhaltsseite, die Beziehungsseite, die Seite der Selbstoffenbarung sowie der Appell. Missverständnisse erklärt Schulz von Thun damit, dass der Sender auf einer anderen Ebene kommuniziert, als der Empfänger die Nachricht entschlüsselt. Betritt zum Beispiel ein Lehrer das Klassenzimmer mit den Worten „Hier ist aber wieder eine Stinkluft“, können die Schüler auf der Sachebene reagieren und ein Fenster öffnen. Reagieren sie demgegenüber auf der Beziehungsebene, begegnen sie dem Lehrer mit den Worten: „Sie haben heute wieder einmal schlechte Laune.“ - Schulz von Thun erkannte also, dass eine Nachricht ein komplexes und vielfältiges Gebilde darstellt und immer mehrere Botschaften gleichzeitig enthält. Dies ist eine Grundtatsache zwischenmenschlicher Kommunikation, die wir nicht ausblenden dürfen, wenn wir verstehen wollen, wie wir miteinander umgehen.

Nach der Theorie von Schulz von Thun lässt sich eine Nachricht in vier verschiedene Aspekte oder Botschaften einteilen. Das bedeutet, dass auf vier verschiedenen Ebenen gesendet als auch empfangen wird. Daher sollte unschwer zu verstehen sein, weshalb es bei der zwischenmenschlichen Kommunikation so häufig zu Missverständnissen kommt. Der Sender kommuniziert auf einer anderen Ebene, als der Empfänger empfängt. Gesetzt den Fall, eine Schülerin sagt zum Deutschlehrer, um ihre schlechte Aufsatznote zu kommentieren: „Ich weiss schon, warum ich eine schlechte Note erhalte, Sie mögen mich eben nicht“, verlagert sie das Problem des schlecht verfassten Aufsatzes auf die Beziehungsebene, da sie sich nicht mit der Sachebene auseinandersetzen will. Sie verwechselt somit den Inhaltsaspekt mit dem Beziehungsaspekt.

Um die vier verschiedenen Botschaften Inhalt, Beziehung, Selbstoffenbarung und Appell der menschlichen Kommunikation zu verdeutlichen, betrachten wir zusätzlich einen andern Fall. Ein Mathematiklehrer trifft zum Beispiel einen seiner Schüler, als der Unterricht schon begonnen hat, im Schulhausflur. Streng sagt der Lehrer zum Schüler: „Sie haben doch jetzt Physik.“ Der Schüler reagiert gereizt und antwortet: “Sie spionieren mir also nach?“

Betrachten wir zunächst die Nachricht ausschliesslich von der Seite des Lehrers. Auf der Sachebene übermittelt der Lehrer die Botschaft, dass der Schüler nicht in der Physik, folglich woanders, ist. Da der Lehrer seine Aussage in einem strengen Tonfall ausspricht, kann man davon ausgehen, dass er nicht aus Interesse fragt, sondern zu Kontrollzwecken. Der Selbstoffenbarungsaspekt dieser Nachricht lautet somit „Ich kontrolliere Sie!“ Auch durch den strengen Tonfall kann man auf den Beziehungsaspekt schliessen. Der Lehrer vermutet wahrscheinlich, dass der Schüler die Schule schwänzen will. In seiner Nachricht teilt der Lehrer dem Schüler mit, dass er verdächtigt wird. Natürlich will der Lehrer, dass der Schüler dies zugibt und die Physikstunde besucht. Die Appellseite dieser Nachricht lautet also „Geben Sie es zu!“ und „Gehen Sie in die Physik!“ Durch die Antwort vom Schüler können wir versuchen, auf die empfangene Nachricht zu schliessen. Den Sachinhalt wird der Schüler kaum falsch verstanden haben. Er empfängt auf der Sachebene dasselbe, wie der Lehrer gesendet hat, nämlich „Ich bin nicht in der Physik.“ Da der Schüler der Meinung ist, dass dies den Mathematiklehrer nichts angeht, versteht er auf dem Selbstoffenbarungsaspekt „Der Lehrer denkt, er könne sich in alles einmischen.“ Auf der Beziehungsseite versteht er – begünstigt durch den strengen Tonfall -, dass der Lehrer ihn verdächtigt. Folglich versteht er: „Sie stehen unter Verdacht.“ Auf der Appellseite versteht er dasselbe, so wie es der Lehrer mitteilen wollte, nämlich „Geben Sie es zu!“ Da der Schüler die freie Wahl hat, auf welchem Ohr er besonders gut hinhört und er nicht auf den Sachverhalt oder den Appell eingehen will, argumentiert er auf der Beziehungsseite und antwortet: „Sie spionieren mir also nach!?“ Möglich, dass sich so besser verstehen lässt, warum wir mit vier Zungen sprechen und mit vier Ohren hören, wobei immer alle vier Aspekte der Kommunikation gegeben sind, in der Regel jedoch eine Dimension im Vordergrund steht. Erklärt der Mathematiklehrer die quadratische Gleichung, steht wohl die Sachebene im Zentrum. Fragt eine Schülerin ihren neuen Schulfreund: „Liebst du mich noch?“, wird der junge Mann kaum mit der Antwort aufwarten: „Ja, da müssten wir zuerst einmal definieren, was überhaupt unter Liebe zu verstehen ist“; schliesslich zielt die Frage auf den Beziehungsaspekt und nicht auf die Inhaltsseite. Der junge Mann wird wohl eher auf die Selbstoffenbarungsseite der Schülerin reagieren und mit „Ja sicher“ oder mit „Ganz bestimmt“ antworten.

Betritt dagegen eine Lehrperson das Zimmer einer lauten Klasse mit den Worten „Mehr Lärm!“, erhofft sie sich durch den paradoxen Satz die Klasse zu beruhigen, was funktionieren kann, sofern sie selbstbewusst genug auftritt und so zum Ausdruck bringt, wer Herr im Hause ist. Letzteres ist also nur dann möglich, wenn nonverbale und verbale Äusserung gewissermassen kongruent sind. Nicht kongruent sind sie freilich, wenn ein Lehrer nach der Lektion auf die Frage eines Schülers nach einer unverstandenen Aufgabe mit den Worten antwortet: „Sie wissen, für meine Schüler habe ich immer Zeit“ und dabei gleichzeitig die Mappe packt. Noch deutlicher wird das Autoritätsgefälle zwischen Schüler und Lehrer, wenn dieser beim Referat eines Schülers sich demonstrativ nach hinten begibt und anfängt, den Kasten mit dem Schulmaterial ein- oder auszuräumen. Die Lehrerhandlung ist umso schändlicher, als sie nonverbal ausfällt, zumal das Nonverbale älter ist als das Verbale und daher auch prägnanter und definitiver vom Kommunikationspartner aufgefasst wird. Hier von Mobbing zu sprechen, ist mit Sicherheit nicht falsch.  

Auch wenn der Begriff „Mobbing“ in aktueller Zeit immer präsenter und auch bekannter wird, eine einheitliche Definition gibt es nicht. Ursprünglich wurde der Begriff von Konrad Lorenz geprägt, der damit die Verhaltensweise von Tieren in solchen Situationen beschrieb, wenn mehrere von ihnen gemeinsam auf ein anderes Tier losgehen – mit dem Unterschied, dass es sich in der Tierwelt hauptsächlich um Verteidigungssituationen gegen Fressfeinde handelt. Als später klar wurde, dass das Phänomen „mehrere gegen einen“ auch beim Menschen zu beobachten ist, fand der Begriff Einzug in die moderne Sozialforschung. Für den Menschen war und ist der Hauptbereich, in dem Mobbing thematisiert wird, die Arbeitswelt oder, wenn Jugendliche betroffen sind, die Schule. Allgemein lässt sich sagen, dass unter Mobbing (im Englischen und der entsprechenden Fachliteratur wird der Begriff „bullying“ gebraucht) zu verstehen ist, wenn mehrere Personen gegen eine andere Person vorgehen, sie zum Beispiel diskriminieren, schikanieren oder ganz einfach schlecht behandeln. Gemäss einer Studie der deutschen Bundesregierung erfolgt Mobbing oft unter Kollegen bzw. Gleichgestellten (also „peers“), aber in fast 50 Prozent der Fälle sind auch Vorgesetzte beteiligt. Man geht davon aus, dass das Phänomen Mobbing nicht hauptsächlich in den Persönlichkeitszügen der Beteiligten begründet ist, sondern vielmehr auch durch organisationsinterne Faktoren begünstigt wird. Beispielsweise führt Überlastung oder Überforderung am Arbeitsplatz zu Stress, welcher sich wiederum in Form von Mobbing äussern kann. Wichtig ist, dass Betroffene nicht dem Irrglauben verfallen, sie selbst und ihre Persönlichkeit seien allein für das Mobbing verantwortlich. Ein Satz wie „Du bist ein schwatzhafter, liederlicher Schüler“ ist sicher grenzwertig und wird in den meisten Fällen auch nur dann geäussert, wenn der Lehrer einen Schüler treffen oder verletzen will. Von der Sache her gibt er ihm zu verstehen: „Du bist nicht einfach.“ Die Selbstoffenbarung lautet: „Mich stört deine Art.“ Hinsichtlich der Beziehung lässt der Lehrer den Schüler wissen, dass er die Beziehung dominiert, zumal die Äusserung nicht reziprok aufzufassen ist, da der Schüler nicht in dieser Form mit dem Lehrer sprechen kann. Neben dem Herrschaftsanspruch des Lehrers gibt der Satz auf der Appellseite dem Schüler die folgenden Imperative zu verstehen: „Nimm dich zusammen! Gib dir mehr Mühe! Du lässt dich gehen!“ Umgekehrt decodiert der Schüler den Satz auf der Inhaltseite mit: „Ich bin kompliziert“, auf der Seite der Selbstoffenbarung „Der Lehrer stört sich an mir.“ - „Ich gehe ihm auf die Nerven“ oder „So können wir nicht weiterfahren“ wird in etwa der Beziehungsaspekt aus Sicht des Schülers ausfallen. Die Ebene des Appells, die in diesem Fall wohl im Vordergrund steht, wird für den Schüler heissen: „Ich muss mich ändern!“ 

Nicht minder problematisch und konfliktträchtig sind gewisse Kommunikationsstrukturen zwischen Lehrpersonen und Schulleitungen. Vor allem lässt sich diesbezüglich das folgende Faktum herausschälen: Die unverhohlene oder verhohlene Bevorzugung der EINEN ist die unverhohlene oder verhohlene Herabsetzung der ANDERN. Ein klarer Fall von Mobbing, auch wenn nicht alle Beteiligten sich des Sachverhalts bewusst sind. Sowenig wie Lehrpersonen Schülerinnen und Schüler bevorzugen dürfen, sowenig können Schulleitungen sich mit einigen handverlesenen Günstlingen umgeben. Im einen wie im andern Fall wird ein solches Verhalten von Lehrpersonen oder Schülern als unfair und parteiisch abqualifiziert. Man fühlt sich ausgeschlossen, isoliert und übergangen. Natürlich auch gemobbt. Klassische Beispiele finden sich am Jahresanfang oder am Jahresende, also etwa beim alljährlichen Weihnachtsessen oder beim Neujahrsapéro. Kommt ein Schulleiter oder eine Schulleiterin bei einem Jahresschlussessen etwas verspätet und lobt er oder sie dann eine Fachschaft wie vielleicht die Physik für das glanzvolle Abschneiden beim  Swiss Young Physicists' Tournament, preist einen Fachvorstand für sein Engagement, das bis an und über die physische und psychische Belastung hinausgehe, dankt einer Kommission für ihren professionellen Einsatz, ohne sich auch beim Rest des Kollegiums zu bedanken, verhält er oder sie sich so unbewusst unsensibel wie eine Lehrperson, die es nicht unterlassen kann, bei jeder Gelegenheit den Schüler X oder die Schülerin Z für ihre Intelligenz und ihr Fachwissen zu loben. Die unverhohlene Hervorhebung irgendwelcher Leistungsträger führt zur unverhohlenen Herabsetzung des ganzen Rests der Klasse. Genauso stossend ist die scheinbar undurchschaubare Beförderungsquote, wenn sowieso die ganze Schule weiss, wer in diesem oder jenem Jahr abermals nicht befördert wurde. Auch das Privileg, sich immer wieder den ach so beliebten Freitag als Arbeitstag streichen zu lassen, die grosszügige Erteilung von Weiterbildungswochen, während andern die Anträge auf Weiterbildung verweigert werden, weil sie nicht mit dem erteilten Fach in einem engeren Zusammenhang stehen, schafft nur böses Blut. Die Betroffenen, wer kann es ihnen verdenken, fühlen sich herabgesetzt und ungerecht behandelt. Auch kann es im Grunde nicht angehen, dass Lehrpersonen alle paar Jahre ein unbezahltes Sabbatical einziehen, nur weil sie von Haus auf keine finanziellen Sorgen kennen oder keine materiellen Ansprüche ans Leben stellen. Andere wiederum reichen bei eigentlich offiziellen Schulveranstaltungen wie Wintersporttagen oder Lehrerausflügen Jahr für Jahr ein Gesuch für Beurlaubung ein, entweder weil sie keine Lust haben oder, wie sie vorgeben, die Betreuung für die Kinder während ihrer Abwesenheit zu teuer komme. Auch nicht gerade guter Stil ist es, wenn Schulleitungen mit den immer gleichen Kolleginnen und Kollegen essen gehen und sich dabei über sogenannte Schul-Interna austauschen. Wie aber will das jemand wissen, der gar nicht dabei ist? An allen Schulen gibt es so etwas, dem man früher Buschtelefon gesagt hat. Fehlt zum Beispiel der Einzahlungsschein für den Wintersporttag im offenen Lehrerfach, wissen auch alle, wer in diesem Jahr wieder daheim bleibt. Offensichtlich kann an einer Schule als einem lebendigen Organismus nichts unter dem sogenannten Deckel gehalten werden. Eine Schule lässt sich nicht unter eine Glasglocke stellen. Alles kommt irgendwann ans Licht, alles ist letztlich öffentlich. Schulen sind so wie wir Menschen auch ein offenes Buch! 

Die Eltern wissen alles über Lehrer und Schule von ihren Kindern, die Kollegen tauschen sich unter einander aus, besonders wenn sie gut vernetzt sind und sich über offensichtliche Missstände und Ungerechtigkeiten ärgern, vieles lässt sich non-verbal erkennen und alle sprechen im Sinne von Schulz von Thun immer auch über sich selbst, wenn sie denn sprechen. Selbst wenn sie nur „Guten Tag“ und „Auf Wiedersehen“ sagen. Dies liegt eben am Selbstoffenbarungsaspekt der Sprache, wobei sich am Schluss lediglich die Frage stellt, wie sehr einen die andern interessieren. Freilich ist dabei wohl davon auszugehen, dass so wie Schüler sich oft und gerne über Lehrpersonen auslassen, sich auch Lehrpersonen oft und gerne über Schulleitungen auslassen, namentlich wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen.

Christoph Frei


Mittwoch, 15. Februar 2017


Tipps von U. Eco, wie man eine wissenschaftliche Abschlussarbeit schreibt



Studentinnen und Studenten der Geisteswissenschaft ist Umberto Eco unter anderem ein Begriff als Autor des Ratgebers „Wie man eine wissenschaftliche Abschlussarbeit schreibt“. Aber nicht nur angehende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, sondern jeder, der textet, sollte wissen, wie man gutschreibt: nämlich auf die Leser fokussiert und ihre Bedürfnisse erfüllend.  Hierzu die sieben Tipps von Umberto Eco, die jeder, der textet, beachten sollte.

Wer schreibt – und nich bloss ein Tagebuchschreiberling ist – formuliert normalerweise nicht nur für sich im stillen Kämmerlein. Sondern er verfasst Texte, die auch von jemandem gelesen werden sollen. Damit der Inhalt richtig rüberkommt, muss sich der Leser angesprochen fühlen. Er muss spüren, dass der Text für ihn geschrieben wurde. Er versteht alles, der Text ist schlüssig aufgebaut, so dass er sich begleitet fühlt.

Wer Texte schreibt und damit etwas bezwecken will, muss wissen, „an wen er sich wendet“, wie Umberto Eco es auf den Punkt gebracht hat. Und meistens richtet man sich mit seinen Texten an ein grösseres Publikum und weniger an einen elitären Kreis von Experten und Wissenschaftler vom Fach. Deshalb gilt nach Eco umso mehr:

Einen Irrtum gilt es von vorneherein auszuräumen. Viele glauben, ein allgemeinverständlicher Text, in dem die Dinge so erklärt sind, dass alle sie verstehen, stelle geringere Anforderungen an die Ausdrucksfähigkeit als eine spezialisierte wissenschaftliche Untersuchung, bei der alles in Formeln ausgedrückt ist, die nur wenige Eingeweihte verstehen.“ (Umberto Eco, «Wie man eine wissenschaftliche Abschlussarbeit schreibt», 12. Auflage, 2006, S. 183) Dieses Zitat leitet über zu einem weiteren hilfreichen Hinweis von Eco:

„Ihr seid nicht Proust.“ 

Der Satz meint: keine langen Sätze, keine ineinander verschachtelten Ungetüme. Nicht immer sind kompliziert verfasste Texte, die nur so strotzen vor lauter Fremdwörtern, auch tatsächlich von guten Wissenschaftlern verfasst. Gute Texte von guten Wissenschaftlern bzw. Studenten sind klar und allgemein verständlich.

Sollte es beim Drauflosschreiben doch passieren, dass-Sätze lang und länger werden: Einfach zu Ende schreiben und dann aufteilen. In aufeinanderfolgenden Sätzen zweimal dasselbe Subjekt zu verwenden, ist keine Schande. Zu viele Nebensätze hingegen erschweren dem Leser das Verstehen.

Satzzeichen helfen, einen Text zu strukturieren. Wichtig: Satzzeichen sollten korrekt gesetzt sein, sonst sagt ein Satz schnell mal etwas völlig Anderes aus, als eigentlich gemeint ist: Zum Beispiel: „Kurt sagt, Karl ist dumm.“ Oder: „Kurz, sagt Karl, ist dumm.“

«Ihr seid nicht e. e. cummings.»

Cummings, ein amerikanischer Schriftsteller, war „Avantgarde“-Dichter und schrieb seinen Namen immer in Kleinbuchstaben. Er zerhackte seine Verse und verwendete Satzzeichen sehr spärlich. Wer einen Artikel über diesen Dichter schreiben möchte, weil er einen Blog zur amerikanischen Literatur betreibt, tut gut daran, die Art zu schreiben von e. e. cummings nicht zu kopieren. Denn nur weil ich über eine bestimmte Person oder ein bestimmtes Thema schreibe, muss ich nicht wie diese Person schreiben. „Ein Psychiater, der über Geisteskranke schreibt, drückt sich nicht wie ein Geisteskranker aus.“ Was Eco damit meinte: Schreibe Deinen Text so, dass er allgemeinverständlich ist und nicht nur von einem kleinen, auserwählten Kreis von Insidern verstanden wird. Schreiben ist etwas sehr Persönliches und soll auch zu Dir passen. (Mit Deiner Persönlichkeit konsistent sein.)

„Definiere jeden Begriff, wenn Du ihn zum ersten Mal verwendest.“

Kann man einen Begriff nicht verständlich erläutern, sollte er auch nicht verwendet werden. Mit Fachbegriffen um sich zu schmeissen, kann ordentlich ins Auge gehen. Kannst Du auch nur ein Fachwort nicht definieren, gehört es nicht in den Text. Verwende daher nur Begriffe in Deinen Texten, die entweder allgemein bekannt sind oder die Du bei der ersten Nennung kurz und verständlich erklären kannst.

„Schreibt alles, was euch durch den Kopf geht, aber nur im ersten Durchgang.“

Bevor man stundenlang vor dem weissen Blatt oder dem blinkenden Cursor vor dem leeren Word-Dokument sitzt, hilft es, einfach drauflos zu schreiben. Selbst wenn es nur Stichworte sind, die das Thema grob umreissen. Wer einfach drauflos schreibt, wird von der Begeisterung für das Thema getrieben. Das ist gut so. Soll der Beitrag auch veröffentlicht werden, muss jedoch ein korrigierender Durchgang her: Klammersätze fallen dem Rotstift zum Opfer, Abschweifungen, Füllwörter müssen gelöscht werden.

„Rhetorische Figuren verwendet man oder man verwendet sie nicht.“

Wer rhetorische Stilmittel  in seinen Artikel einbauen will, geht davon aus, dass der Leser sie versteht. Eine wichtige Argumentation im Text kann durch geschickt eingesetzte Rhetorik eindrucksvoll und eindrücklich überzeugen. Bildliche Sprache einzusetzen macht vor allem beim „Storytelling“ Sinn. Der Leser wird dadurch auf eine Reise mitgenommen und sein Verstand wird angeregt. Wer gerne bildlich und lebhaft schreibt, soll dies tun – allerdings unbedingt vermeiden, solche bildhaften Wendungen und rhetorischen Mittel zu erklären! Eco meint dazu in wenig bildhafter Sprache:

 „Hält man seine Leser für Idioten, dann sollte man keine rhetorischen Figuren gebrauchen, aber sie gebrauchen und sie erklären, heißt den Leser als Idioten zu bezeichnen.“

„Macht viele Absätze.“

Da muss Umberto Ecos Zitat nicht erklärt werden! Immer dann, wenn es nötig ist, wenn der Text seinen Rhythmus vorgibt.  Absätze gliedern den Text und vermeiden so lange Textwürste.

Christoph Frei


Dienstag, 14. Februar 2017


Mein dreissigster bester Schreibtipp für bessere Texte




Die Überarbeitung der Rohfassung

Der häufigste Fehler, der in Hausarbeiten gemacht wird, ist der, die Rohfassung nicht oder nicht gründlich genug zu überarbeiten.  Das Überarbeiten der Rohfassung soll sich in mehreren Schritten vollziehen. Der Text wird in eigenen Durchgängen geprüft auf:

• Verständlichkeit: roter Faden, Stimmigkeit, Sinneinheiten
Argumentationslinien: Schlüssigkeit, Übergänge, Leitbegriffe
Orthographie, Grammatik, Syntax, Zeitenfolge
Stilistik und Leserfreundlichkeit
Redundanz (Überflüssiges): Gedanken, Wörter, Sätze oder Absätze

Lautes Lesen hilft. Das Feilen sollte nicht nur auf dem Bildschirm erfolgen, sondern auch am ausgedruckten Text. Als Ausdruck bildet der Text ein Ganzes, schon ähnlich der Form, die später den Lesern und Leserinnen vorliegen wird. Vorteilhaft ist zunächst ein mindestens eineinhalbzeiliger Ausdruck, der genug Platz für Korrekturen bietet.

Schreiben muss man wissenschaftliche Texte alleine, beim Überarbeiten kann man auf die Hilfe anderer zurückgreifen: Der Text sollte vor der Veröffentlichung von mehreren Personen gelesen und kommentiert werden. Häufig wird der Fehler gemacht, dass bis zur Abgabe einer Schreibarbeit nicht genügend Zeit für die Überarbeitung eingeplant wird. Eine Grundregel lautet: Ein gründliches Überarbeiten macht etwa ein Drittel der Schreibzeit der Rohfassung aus.

Christophh Frei