Samstag, 28. Juli 2018

Das Passiv

Mein Sprachtipp für bessere Texte: Das Passiv







AKTIV-PASSIV

A)  Was bedeuten Aktiv und Passiv?
Bei Aktiv und Passiv handelt es sich um verschiedene Blickwinkel, aus denen ein Geschehen beschrieben werden kann: Im Aktivsatz steht der Handelnde im Mittelpunkt, im Passivsatz der Betroffene.

B)  Die Bildung von Aktiv und Passiv
Um zu zeigen, wie sich die beiden Darstellungsweisen Aktiv und Passiv auf den Satzbau und die Verbkonstruktion auswirken, gehen wir von folgendem Aktivsatz aus:

Der Kellner bedient den Gast. (Aktiv Präsens)

Der Gast wird vom Kellner bedient. (Passiv Präsens)

Wir erkennen, dass bei der Bildung des Passivsatzes das Objekt des Aktivsatzes zum Subjekt des Passivsatzes wird, während das Subjekt des Aktivsatzes zum Objekt des Passivsatzes wird.

Zweitens verwenden wir zur Bildung des Passivsatzes das Hilfsverb «werden» sowie das Partizip Perfekt.

Die Umformung muss zeitgleich sein, somit müssen Aktiv- und Passivsatz in der gleichen grammatischen Zeitform stehen. Im Passivsatz steht somit immer 1 Verb mehr als im Aktivsatz.

Der Kellner hat den Gast bedient. (Aktiv, Perfekt)

Der Gast ist vom Kellner bedient worden. (Passiv, Perfekt)

Steht der Aktivsatz im Futur, gibt es im Passivsatz zwei «werden», weil für die Bildung des Futurs ebenfalls «werden» gebraucht wird.


Der Kellner wir den Gast bedienen. (Aktiv, Futur)

Der Gast wird vom Kellner bedient werden. (Passiv, Futur)


C)   Wann sind Passivsätze angebracht?

Aktivsätze sind Passivsätzen aus folgenden Gründen vorzuziehen:
1)    Aktivsätze sind klarer und leichter verständlich als Passivsätze
2)    Aktivsätze sind kürzer und eleganter als Passivsätze.


Passivsätze sind im Allgemeinen nur in den folgenden Fällen angebracht:

1)   Im Passivsatz kann der Täter weggelassen werden, wenn der Täter uninteressant oder bekannt ist.
Der Schalter wird um 5 Uhr geschlossen.

2)    Im Passivsatz kann der Täter weggelassen werden, wenn der Täter dem Sprecher unbekannt ist.
Das Rad wurde vor 6000 Jahren erfunden.

3)    Im Passivsatz kann der Täter weggelassen werden, wenn der Täter verschwiegen werden soll.
Hier sind grosse Fehler gemacht worden.

4)    Der Passivsatz stellt das Opfer in den Mittelpunkt.
Lateinamerika ist von den Auswirkungen der Asienkrise bisher nicht direkt erfasst worden.




Christoph Frei




Freitag, 27. Juli 2018

Der gemischte Konjunktiv



Mein Sprachtipp für bessere Texte: Die indirekte Rede








A) Bildung des gemischten Konjunktivs (nach Grammatikbuch)

Im Deutschen wird die indirekte Rede mit dem gemischten Konjunktiv gebildet. Der gemischte Konjunktiv besteht, wie der Name schon sagt, aus einer Mischung von Formen des Konjunktivs I und des Konjunktivs II.

Die folgende Übersichtstabelle zeigt, wie Du den gemischten Konjunktiv (ohne "würde") bildest.


Präsens
Indikativ
Konjunktiv I (vom Infinitiv abgeleitet, i.e. „singen“)
Präteritum
Indikativ
Konjunktiv II (vom Präteritum abgeleitet, i.e. sang)
Gemischter Konjunktiv





Ich singe
Ich singe
Ich sang
Ich sänge
Ich sänge
Du singst
Du singest
Du sangst
Du sängest
Du singest
Er singt
Er singe
Er sang
Er sänge
Er singe
Wir singen
Wir singen
Wir sangen
Wir sängen
Wir sängen
Ihr singt
Ihr singet
Ihr sangt
Ihr sänget
Ihr singet
Sie singen
Sie singen
Sie sangen
Sie sängen
Sie sängen


Beachte, dass die Konjunktivendungen immer gleich lauten.


In der indirekten Rede verwendet man wenn möglich den Konjunktiv I. Lautet der Konjunktiv I gleich wie der Indikativ, so wählt man (nach Grammatikbuch) den Konjunktiv II. In der Folge mischt man für die indirekte Rede die beiden Konjunktivformen I + II und erhält so den gemischten Konjunktiv.



B) Anwendungsbeispiel (nach Grammatikbuch)



„Der Rektor bringt Ludwig ins Zimmer. Es regnet. Wir lesen ein Gedicht von Schiller. Ich bin nicht konzentriert, sondern betrachte den Regen. Breit rinnt das Wasser an den Fenstern hinunter. Man sieht keine Tropfen. Hinter den Fenstern erkenne ich Kastanienbäume im Hof.“


Der vorstehende Abschnitt steht im Indikativ. Setze ich ihn in die indirekte Rede, so wähle ich die Gesetze des gemischten Konjunktivs und erhalte dann folgenden Text:


Er sagt, der Rektor bringe Ludwig ins Zimmer. Es regne. Sie läsen ein Gedicht von Schiller. Er sei nicht konzentriert, sondern betrachte den Regen. Breit rinne das Wasser an den Fenstern hinunter. Man sehe keine Tropfen. Hinter den Fenstern erkenne er Kastanienbäume im Hof.



C) Die Vorzeitigkeit der indirekten Rede (nach Grammatikbuch)


„Das Betragen Ihrer Tochter bot auch in diesem Jahr Anlass zur Klage. Sie äusserte sich wiederholt unzufrieden über die Verköstigung. Überhaupt war Ihre Tochter häufig verstimmt, auch wenn gar kein echter Grund bestand." (aus einem Brief von Frau Kölker)



Frau Kölker sagte, das Betragen seiner Tochter habe auch in diesem Jahr Anlass zur Klage geboten. Sie habe sich wiederholt unzufrieden über die Verköstigung geäussert. Überhaupt sei seine Tochter häufig verstimmt gewesen, auch wenn gar kein echter Grund  bestanden habe.



Da das, was Frau Kölker im Brief an einen Vater ausgedrückt hat, in der Vergangenheit liegt, müssen die Sätze in der indirekten Rede auch in die Vergangenheit (Vorzeitigkeit) gesetzt werden.





Christoph Frei

www.akademisches-lektorat.ch