Samstag, 30. Dezember 2017


Meine sechste  #beste Schreibempfehlung




VERGLEICHE DICH NICHT MIT ANDERN

„Don't read reviews. Don't worry about sales. Don't compare yourself to other people“, sagt die Bestseller-Autorin und Vielschreiberin Amanda Hocking in ihrem lesenswerten Essay «How to Give Yourself Writer's Block.»

Warum? Weil dieses Verhalten Deine Versagensängste verstärkt und Dich blockieren kann. Sobald Du glaubst, andere übertrumpfen zu müssen, wirst Du Dich verkrampfen. So kannst Du dann auch nicht mehr Dein Bestes geben.

Ausserdem wird es immer jemanden geben, dem Dein Text nicht gefälllt. Rückmeldungen sind nur hilfreich, wenn sie Messbares feststellen, gegen das Du etwas unternehmen kannst. Etwa dass Dein Text viele Tippfehler enthält. Dass die Formatierung nicht richtig ist, dass neue Hauptkapitel nicht auf einer neuen Seite beginnen.

Doch machen wir uns nichts vor: Diese Haltung, also das sprichwörtlich dicke Fell, zu entwickeln, kostet Kraft – oder Zeit. Wie an so vieles gewöhnt man sich auch an schlechte Kritiken und denkt dann achselzuckend, dass sie die übrigen, guten realistischer wirken lassen.

Warum es müssig und nutzlos ist, sich mit erfolgreicheren Kolleginnen und Kollegen zu vergleichen, brauche ich sicher nicht zu erklären. Wenn Du Dich bei solchen Gedanken erwischst, solltest Du Dich sogleich daran erinnern, dass es Zeitverschwendung ist, darüber nachzugrübeln und deprimiert zu sein, weil ein Studienkollege längere und bessere Texte schreibt als Du. Vor allem solltest Du es schon deshalb nicht tun, weil es Deine Schreiblust hemmt.

Umgekehrt darfst Du Dich natürlich von positiven Rückmeldungen beflügeln lassen, das sollst Du sogar, weil so Dein Schreiben einer selbsterfüllenden Prophezeiung unterliegt, so dass Du über kurz oder lang gar nicht  anders kannst, als gute Texte zu verfassen.

Christoph Frei

https://www.facebook.com/Textredaktion/

Mittwoch, 27. Dezember 2017

Meine fünfte #beste Schreibempfehlung





Meine dritte #beste Schreibempfehlung

Hör auf, wenn es gerade besonders gut läuft. Ernest Hemingway hat seinen Tipp gegen Schreibblockaden so formuliert: «The best way is always to stop when you are going good and when you know what will happen next. If you do that every day … you will never be stuck.»

Du sollst also mit dem Schreiben aufhören (für den Tag), wenn Du weisst, wie es weitergeht. Dann, so der amerikanische Literatur-Nobelpreisträger, steckst Du nämlich nie fest. Klingt irgendwie logisch. Andere wie Marcus Johanus gehen noch einen Schritt weiter und empfehlen, mitten im Satz aufzuhören. Ich selbst benutze diese Methode freilich nie. Ja, sie ist mir irgendwie zuwider. Wenn ich weiss, wie es weitergeht, schreibe ich es auf. Getrieben von der Angst, dass ich sonst diesen brillanten Einfall vergesse. Wenn die Zeit knapp ist, notiere ich mir zur Not Stichwörter.

Weil dies meine Haltung ist, verfasse ich auch selten einen Text nach und nach vom Anfang bis zum Ende. Wenn mir etwas einfällt, eine treffendes Argument zum Beispiel, tippe ich es in den Computer oder schreibe es in ein Notizbuch und dann in den PC, selbst wenn es sich um das Ende einer ausgreifenden Textanalyse handelt.

Normalerweise glauben die Leute, dass ich als sogenanner Freiberufler so viel Zeit beziehungsweise so wenig feste Termin habe, dass ich nicht abbrechen muss, wenn die Ideen sprudeln. Ich gehe häufig um die Mittagszeit ins Fitnessstudio, aber nie zu einem Kurs, da diese zu einer bestimmten Uhrzeit beginnen. Denn dann wäre ich eventuell gezwungen zu stoppen, wenn es gerade gut läuft, nur um pünktlich zu sein. Aber vielleicht ist Hemingways Vorgehensweise etwas für Dich. Viele schwören jedenfalls darauf!

Christoph Frei

Montag, 25. Dezember 2017

Meine vierte #beste Schreibempfehlung



DIE DONE-LISTE

Die Methode, das Schreiben zur Gewohnheit zu machen, wirkt nach meiner Erfahrung auch, wenn man einmal aus wichtigen Gründen aussetzt. Mit wichtig ist zum Beispiel eine Krankheit oder dringende Termine gemeint. Danach macht man wie gewohnt weiter und ist – im positiven Sinne – wieder im alten Trott.


Die Betonung liegt auf nach meiner Erfahrung. Die sogenannte «Done-Liste» ist eine Verwandte der «To-Do-Liste», aber viel angenehmer und motivierender. «To-Do-Listen» schüchtern ein, denn jeden Abend führen sie uns das eigene Versagen vor Augen, nämlich all die Dinge, die wir doch wieder nicht erledigt haben. Wie viel freundlicher ist da die «Done-Liste»: Jeden Tag trägt man ein, was man alles geschafft hat, und staunt und freut sich. Dieser Trick eignet sich, um in vielen verschiedenen Bereichen produktiver zu werden. Doch hier geht es ums Schreiben. Deshalb berichte ich kurz über meine eigenen Erfahrungen. Ich verwende seit Anfang des Jahres (2013) eine «Done-Liste» und bis jetzt wirkt sie sehr motivierend, sprich: Ich zögere weniger, mit dem Schreiben zu beginnen, und produziere mehr. Ich notiere zweimal am Tag, was ich geschrieben habe, wenn es passt, auch wie viel. Oder was ich sonst erledigt habe. Weil das so ein gutes Gefühl ist, sage ich mir oft: „Komm, an diesem Text kannst du auch noch ein wenig arbeiten.“ Nur damit ich es auch noch in die «Done-Liste» aufnehmen kann und sie noch mehr Punkte enthält. Ich kennzeichne auch, ob es Vormittag oder Nachmittag war, und möchte auswerten, wann ich besonders produktiv bin (morgens, abends, an welchen Tagen?)


Du kannst auch einen Kalender benutzen und der Kettenidee das Drohende, Zwanghafte nehmen, indem Du in einer schönen Farbe die Tage markierst, an denen Du ein Schreibziel erreicht hast. Beispielsweise jeden Tag, an dem Du 1000 Wörter oder mehr produziert hast. Am Ende jedes Monats notierst Du ausserdem auf Deinem Kalender die gesamte Wortzahl.


Damit hast Du im Vergleich zur «Don’t break the chain» Methode die Perspektive gewechselt: Du freust Dich jetzt über die erfolgreichen Tage und Monate und lässt Dich durch das beflügeln, was Du vollbracht hast. Als positiver Mensch reagierst Du möglicherweise besser auf Lob und Aufmunterung als auf Tadel und Einschüchterung («Unterbrich die Kette nicht!»). Vielen ist alles, was auf Zwang hinausläuft, suspekt und macht sie widerspenstig oder gar störrisch. Mit andern Worten könnte für Dich auch der Ausspruch gelten: «Why To-Do Lists Don’t Work and Done Lists Do.»


Christoph Frei




Samstag, 16. Dezember 2017

Meine dritte #beste Schreibempfehlung


SPRICH MIT DIR SELBST:

Führe Selbstgespräche. Wenn Du spontan im Kopf formulierst, ist der Druck geringer. Es wird ja nichts festgeschrieben. Es zählt ja noch nichts. Du spielst nur oder fantasierst. Beim Spazieren, beim Joggen oder beim Autofahren.

Die Aufforderung, Selbstgespräche zu führen, zeigt im Wesentlichen, dass es fast allen Schreibenden zuweilen an guten Einfällen mangelt. Natürlich macht das Angst, so dass die meisten (und ich gehöre auch dazu) dann der Tendenz unterliegen, das Schreiben hinauszuschieben oder gar zu verschleppen.

Um dem vorzubeugen, kannst Du Dir einige Tricks aneignen, indem Du zum Beispiel auf dem Weg zur Bibliothek, ins Seminar oder in der Strassenbahn mit Dir selber sprichst, indem Du Dich an den Artikel oder die Passage, die Du schreiben sollst, gedanklich akklimatisierst. Mit andern Worten spielst Du den Einstieg in den Text in Gedanken einige Male für Dich durch. Nach einer Viertelstunde weisst Du in der Regel, wie Du Dein angefangenes Textgewebe weiterknüpfen willst. (Für diesen Zweck solltest Du natürlich immer Papier und Bleistift oder einen Laptop bei Dir haben. Vielleicht erinnerst Du Dich noch an den Satz von Max Frisch, dem zufolge die besten Ideen auf dem Weg zum Schreibtisch vergessen gehen.)

Und wäre Dir das alles erst am Schreibtisch eingefallen, so wäre die Hemmschwelle, es niederzuschreiben, deutlich grösser, vielleicht aus Angst, etwas Banales auszuformulieren, oder es wäre Dir eben nichts eingefallen wegen des gefühlten Zwangs, sogleich etwas Gehaltvolles festhalten zu müssen, anstatt zuerst einmal Deinen Gedanken nachzuhängen.


Christoph Frei

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Montag, 11. Dezember 2017

Meine zweite #beste Schreibempfehlung 




MIKROSCHRITTE:

I love writing. I hate starting to write.” Dean Wesley Smith. So wie Smith, geht es vermutlich vielen anderen ebenfalls. Er empfiehlt, täglich zu schreiben und öffentlich (in einem Blog zum Beispiel) Rechenschaft über die produzierten Wörter abzulegen.

Ich persönlich glaube, dass ausserdem die Macht der Gewohnheit auf seiner Seite steht. Wenn etwas nämlich zur Gewohnheit wird, etwa das tägliche Schreiben, müssen wir uns nicht jedes Mal aufs Neue entscheiden, ob wir es tun wollen oder nicht. Es geschieht automatisch.

Was kannst Du tun, bis so eine Gewohnheit sich ausbildet? In der konkreten Situation, wenn Du weisst, Du musst oder willst eigentlich schreiben, Deine inneren Widerstände jedoch zu gross sind, was machst Du dann?

Statt zu prokrastinieren, nimmst Du Dir etwas vor, das alles andere als einschüchternd wirkt. Die Gliederung Deiner Hausarbeit und vorläufige Überschriften einzugeben oder eine halbe Stunde an Deinem Text zu schreiben. Die Erfahrung zeigt, dass man meistens weitermacht, wenn der erste Widerstand überwunden ist. Und sollte dies doch einmal nicht der Fall sein, hast Du zumindest etwas geschafft, was mehr ist als gar nichts. Doch Du kannst es Dir noch leichter machen! Mit einer Methode, die «Mikroschritte« genant wird.

Der Autor Richard Ridley zum Beispiel nimmt sich vor, ein Wort pro Tag zu schreiben. Natürlich lässt er es nicht damit bewenden. „My goal while writing a book is to write one word a day. Not only have I never come short of my goal, I have far exceeded that one-word-a-day benchmark every single time, occasionally by as much as 6,000 times“, schreibt er. Jedes Mal hat er also sein Soll übererfüllt, und zwar erheblich.

Das erstaunt wohl niemanden. Die Anfangshürde war so lächerlich niedrig, dass sie selbst auf extrem ängstliche Menschen nicht bedrohlich wirken konnte. Falls Du jedoch jemand bist, den selbst ein Ziel von einem Wort pro Tag einschüchtert, dann nimm Dir doch vor, nur die Datei zu öffnen oder Dich ein Mal mehr im Bett zu drehen. Diesen Tipp habe ich im Blog von Franz Grieser entdeckt, der ihn bei Mark Forster gefunden hat. Weniger Einstiegsschwelle geht nicht!

Alle Mini- und Mikroschritte bewirken dasselbe: Sie nehmen unserem Schreiben das Bedeutsame, wir haben nicht mehr das Gefühl, dass ein Fehler, den wir in diesem alles entscheidenden Kapitel machen könnten, über unsere gesamte Zukunft als Autoren bestimmt. Was kann schon passieren? Wir öffnen doch nur die Datei, wir schreiben doch nur ein Wort, wir wollen doch nur spielen.



Christoph Frei



Sonntag, 10. Dezember 2017

Meine erste #beste Schreibempfehlung






 DON’T BREAK THE CHAIN:

Die Ermahnung «Don’t break the chain» wird dem amerikanischen Comedian Jerry Seinfeld zugeschrieben. Das Prinzip entspricht in etwa dem, was Thomas Mann in seiner Erzählung «Tod in Venedig» mit «motus animi continuus» umschreibt, worin nach Cicero das Wesen der Beredsamkeit besteht, das möglichst nicht unterbrochen werden sollte. Entsprechend heisst es im ersten Kapitel: «Überreizt von der schwierigen und gefährlichen, eben jetzt eine höchste Behutsamkeit, Umsicht, Eindringlichkeit und Genauigkeit des Willens erfordernden Arbeit der Vormittagsstunden, hatte der Schriftsteller dem Fortschwingen des produzierenden Triebwerkes in seinem Innern, jenem ‘motus animi continuus’, worin nach Cicero das Wesen der Beredsamkeit besteht, auch nach der Mittagszeit nicht Einhalt zu bieten vermocht und den entlastenden Schlummer nicht gefunden, der ihm, bei zunehmender Abnutzbarkeit seiner Kräfte, einmal am Tag so nötig war.»


Bei dieser Methode hakst Du auf einem Kalender die Tage ab, an denen Du zum Beispiel an Deiner Masterarbeit geschrieben hast. Im Grunde lässt sie sich das Prinzip des «Don’t break the chain» auf alle grösseren Projekte anwenden. Ziel und Zweck bestehen darin, eine möglichst lange, ununterbrochene Kette von Tagen zu erzeugen, an denen Du an dem betreffenden Text gearbeitet hast und die auf dem Kalender gut sichtbar durchgekreuzt sind. Dieses Phänomen wird auch als als Streak bezeichnet, eine „Schreibsträhne“ also, in der Du ähnlich wie bei einer «Glückssträhne» richtig gut vorwärtskommst.


Angenommen ein Autor oder eine Autorin schreibt während mehr als fünf Jahren jeden Tag 600 Wörter, auch an Sonn- und Feiertagen und bei Krankheit, dann ist es verständlich, dass er oder sie davor zurückschreckt, die Kette oder Strähne plötzlich abreissen zu lassen.


Möglich, dass das Schreiben so sehr zur Routine oder Gewohnheit geworden ist, dass man gar nicht mehr anders kann, als weiterzumachen. Wenn die Kette erst einmal eine gewisse Länge erreicht hat, so die Theorie, haben Schreibängste und –blockaden keine Chance mehr, Dich aus dem Tritt zu bringen.


Die Methode, das Schreiben zur Gewohnheit zu machen, kannst Du natürlich auch etwas flexibler gestalten. Nicht von der Hand zu weisen ist freilich die Tatsache, dass Gewohnheiten eine Haltung verstärken, vermutlich weil das Gehirn einen Zustand kennengelernt hat, der ihm angenehm ist und den es immer wieder herstellen möchte. Man spricht diesbezüglich auch von Körperintelligenz.


Christoph Frei