Mein siebzehnter
bester Schreibtipp für bessere Texte
Fehlschlüsse nennt man Argumentationen,
die nicht stimmig oder falsch sind.
Die Gründe lassen sich in zwei Hauptkategorien unterteilen:
A) Informale Fehlschlüsse sind,
wie der Name sagt, ohne formalen Grund falsch. Ihre Prämissen stimmen nicht.
Die Ableitung selbst kann formal richtig sein, wenn allerdings eine der
Prämissen sachlich falsch ist, wird auch das Argument nicht passen. Ein
Beispiel:
Alle Philosophen finden Platons
Höhlengleichnis überzeugend.
Habermas ist ein Philosoph. Also findet er Platons Höhlengleichnis überzeugend.
Habermas ist ein Philosoph. Also findet er Platons Höhlengleichnis überzeugend.
B) Formale Fehlschlüsse sind
die härtere Nuss, weil sie sich viel besser dazu eignen, falsche Argumente zu
verstecken. Ihr Problem liegt darin, dass die formale Ableitung eines Arguments
aus den Prämissen entweder falsch ist oder auf eine dritte, zumeist
verschwiegene Kategorie abstellt. Ich habe Beispiele gesammelt, um solche
formal falschen Ableitungen zu erläutern. Alle Beispiele sind frei erfunden.
Obwohl es nötig ist, auf
Fehlschlüsse zu achten und sie zu meiden, werden sich nicht ganz stimmige oder
nicht völlig überzeugende Ableitungen immer wieder einschleichen. Dafür gibt es
einige Gründe.
1.
Einerseits basiert jedes Schreiben, vor allem das
wissenschaftliche, auf Annahmen und Hypothesen, die selbst nicht mehr begründet
werden können. Keine wissenschaftliche Arbeit kann von Null anfangen und
systematisch alles aus sich selbst heraus formal und informal logisch
begründen. Hilfreich ist es allerdings, die vorausgeschickten Annahmen, also
die nicht weiter zu diskutierenden Hypothesen, kenntlich zu machen.
Beispielsweise sollte eine Arbeit, die sich der Systemtheorie bedient, dies
markieren, um die folgende Argumentation abzugrenzen. Dann kann ein Text besser
beurteilt und bewertet werden. Selbst wenn man argumentiert, dass die
Systemtheorie an sich hier und dort problematisch sei, dürfte es der Arbeit
oder dem Argumentationsgang selbst nicht vorgeworfen werden.
2.
Sprache ist für sich genommen nicht logisch. Sie
ist das Produkt historisch feinteiliger Entwicklungen und führt ein Eigenleben.
Der Sinn der Begriffe lässt sich nie eindeutig festmachen, weil er erst in
Abgrenzung zu anderen Begriffen entsteht. Das macht Sprache prinzipiell zu
einem instabilen Netz wandelbarer Bedeutungen und führt auch logische
Argumentationen an ihre Grenze. Die besten Beispiele dafür sind Widersprüche,
die dennoch Sinn ergeben (und damit irgendwie logisch sind, obwohl sie
es formal nicht sind).
Naturargument
Bei einem Naturargument handelt
es sich um ein beliebtes Muster logischer Fehlschlüsse, auch bekannt unter dem
Namen Essentialismus. Das Prinzip ist einfach: Ein Argument muss stimmen, weil
es auf etwas Natürliches verweist.
Kinder gehören zur Mutter, das
ist von Natur aus so.
Dieses Argument tangiert zwar
einige weltanschauliche Fragen, ist für sich genommen aber bereits ein
Fehlschluss. Die vermeintliche Autorität Natur verleiht einer ideologischen
Aussage ihr (falsches) Gewicht. Es scheint zwar zwingend, ist aber restlos
beliebig. Man könnte auf die gleiche Weise argumentieren, dass die Kinder zur
Tante oder zum Onkel gehören, weil das von Natur aus so sei. Der Verweis auf
die Natürlichkeit der Dinge bedarf einer Begründung.
Menschen sind von Natur aus
egoistisch, deshalb stecken sie in einer Konkurrenz aller gegen alle.
Hier haben wir das gleiche
Muster: Die große Natur wird als untrügliche Autorität aufgerufen: Was von
Natur aus ist, muss stimmen. Wichtig ist vor allem zu erkennen, dass es sich
bei diesen Beispielen um streitbare Ansichten handelt, nicht jedoch um logische
Argumente.
Christoph Frei
Christoph Frei
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