Freitag, 20. Januar 2017


Mein siebzehnter bester Schreibtipp für bessere Texte









Fehlschlüsse nennt man Argumentationen, die nicht stimmig oder falsch sind. 

Die Gründe lassen sich in zwei Hauptkategorien unterteilen:

 
A) Informale Fehlschlüsse sind, wie der Name sagt, ohne formalen Grund falsch. Ihre Prämissen stimmen nicht. Die Ableitung selbst kann formal richtig sein, wenn allerdings eine der Prämissen sachlich falsch ist, wird auch das Argument nicht passen. Ein Beispiel:

 Alle Philosophen finden Platons Höhlengleichnis überzeugend.
Habermas ist ein Philosoph. Also  findet er Platons Höhlengleichnis überzeugend.

 

B) Formale Fehlschlüsse sind die härtere Nuss, weil sie sich viel besser dazu eignen, falsche Argumente zu verstecken. Ihr Problem liegt darin, dass die formale Ableitung eines Arguments aus den Prämissen entweder falsch ist oder auf eine dritte, zumeist verschwiegene Kategorie abstellt. Ich habe Beispiele gesammelt, um solche formal falschen Ableitungen zu erläutern. Alle Beispiele sind frei erfunden.



Obwohl es nötig ist, auf Fehlschlüsse zu achten und sie zu meiden, werden sich nicht ganz stimmige oder nicht völlig überzeugende Ableitungen immer wieder einschleichen. Dafür gibt es einige Gründe.



1. Einerseits basiert jedes Schreiben, vor allem das wissenschaftliche, auf Annahmen und Hypothesen, die selbst nicht mehr begründet werden können. Keine wissenschaftliche Arbeit kann von Null anfangen und systematisch alles aus sich selbst heraus formal und informal logisch begründen. Hilfreich ist es allerdings, die vorausgeschickten Annahmen, also die nicht weiter zu diskutierenden Hypothesen, kenntlich zu machen. Beispielsweise sollte eine Arbeit, die sich der Systemtheorie bedient, dies markieren, um die folgende Argumentation abzugrenzen. Dann kann ein Text besser beurteilt und bewertet werden. Selbst wenn man argumentiert, dass die Systemtheorie an sich hier und dort problematisch sei, dürfte es der Arbeit oder dem Argumentationsgang selbst nicht vorgeworfen werden.


2.   Sprache ist für sich genommen nicht logisch. Sie ist das Produkt historisch feinteiliger Entwicklungen und führt ein Eigenleben. Der Sinn der Begriffe lässt sich nie eindeutig festmachen, weil er erst in Abgrenzung zu anderen Begriffen entsteht. Das macht Sprache prinzipiell zu einem instabilen Netz wandelbarer Bedeutungen und führt auch logische Argumentationen an ihre Grenze. Die besten Beispiele dafür sind Widersprüche, die dennoch Sinn ergeben (und damit irgendwie logisch sind, obwohl sie es formal nicht sind).


 
Naturargument
Bei einem Naturargument handelt es sich um ein beliebtes Muster logischer Fehlschlüsse, auch bekannt unter dem Namen Essentialismus. Das Prinzip ist einfach: Ein Argument muss stimmen, weil es auf etwas Natürliches verweist.

Kinder gehören zur Mutter, das ist von Natur aus so.

Dieses Argument tangiert zwar einige weltanschauliche Fragen, ist für sich genommen aber bereits ein Fehlschluss. Die vermeintliche Autorität Natur verleiht einer ideologischen Aussage ihr (falsches) Gewicht. Es scheint zwar zwingend, ist aber restlos beliebig. Man könnte auf die gleiche Weise argumentieren, dass die Kinder zur Tante oder zum Onkel gehören, weil das von Natur aus so sei. Der Verweis auf die Natürlichkeit der Dinge bedarf einer Begründung.

Menschen sind von Natur aus egoistisch, deshalb stecken sie in einer Konkurrenz aller gegen alle.

Hier haben wir das gleiche Muster: Die große Natur wird als untrügliche Autorität aufgerufen: Was von Natur aus ist, muss stimmen. Wichtig ist vor allem zu erkennen, dass es sich bei diesen Beispielen um streitbare Ansichten handelt, nicht jedoch um logische Argumente. 


Christoph Frei


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