Meine zwölfte #beste Schreibempfehlung
WIE ICH MEINE SCHREIBWIDERSTÄNDE ÜBERWINDE
Aller
Anfang ist schwer – das sagt man nicht ohne Grund. Dafür gibt es gute Gründe,
schliesslich muss und will ich mit Artikeln und Schreibworkshops meinen
Lebensunterhalt verdienen. Da bleibt manchmal nicht viel Zeit oder Kraft für
anderes.
Es ist
aber auch so, dass ich das Schreiben zu häufig hinausschiebe (auf Neudeutsch:
ich prokrastiniere). Das heisst, besonders schwer fällt es mir, die Datei zu
öffnen und mit dem Schreiben zu beginnen. Was nicht so ungewöhnlich ist. Vielen
geht es so. Deshalb möchte ich hier erklären, wie ich es in den letzten Wochen
geschafft habe, wieder besser voranzukommen.
Erstens habe
ich mir einen kleinen Kalender ausgedruckt und darin die Tage abgehakt, an
denen ich an meinen Texten gearbeitet habe. Die Idee dahinter nennt sich «Don't
break the chain». Ich möchte eine möglichst lange, ununterbrochene Kette von
Tagen erzeugen, an denen ich an dem betreffenden Projekt gearbeitet habe. Wie
ich an den Lücken auf dem Kalender erkennen kann, wirkt das auf mich nur mit
Einschränkungen motivierend. Offensichtlich habe ich nicht wirklich Probleme
damit, Gründe zu finden, die Kette zu unterbrechen.
Zweitens habe
ich den Umstand genutzt, dass ich in Cafés besonders gut und konzentriert
schreiben kann und dass ein Grund dafür vermutlich die Hintergrundgeräusche
sind. Um Zeit und Geld zu sparen, habe ich das Café ins Haus geholt. Das
Internet macht's möglich. Ich setze Kopfhörer auf und höre dank «Coffitivity»
die Stimmen und andere Töne in einem Campuscafé.
Drittens: Als
weiteres Signal, mit dem Schreiben zu beginnen, stelle ich mir einen
Küchenwecker. Und zwar soll er nach 15 Minuten klingeln. Nur ein
Viertelstündchen lang will ich mich zwingen, meine Geschichte weiterzuspinnen.
Warum nur so kurz? Weil ich die Methode «Kleine Schritte» anwende, die ich in
meinem Blog vor einiger Zeit beschrieben habe.
Viertens habe
ich mich aber auch für 15 Minuten entschieden, weil ich mir einen weiteren
Trick bei Samantha Bennett abgeschaut und das entsprechende Zitat sogar auf
eine Karteikarte geklebt habe. «I will
now set my kitchen timer for fifteen minutes and just play around with my
creative idea in a light, fun, beta-testing sort of a way and then see what
happens.» Was mir immer wieder hilft, etwaige innere Widerstände zu
überwinden, ist der zweite Teil von Samanthas Rat: „and play around ... in a
light, fun, beta-testing sort of a way“. Der Gedanke, nur spielen zu wollen,
vertreibt jeglichen (Erfolgs)Druck. Mein Fazit: Auf dem Kalender bleiben immer
mal Tage oder auch eine Woche oder mehr unabgehakt. Für mich funktionieren
starre, strenge Massnahmen wie „Don't break the chain“ nicht wirklich gut. Sie
reizen mich eher zum Widerspruch und Widerstand. Was sich besser bewährt, ist
ein flexibler Ansatz, eine Mischung aus der Macht der Gewohnheit (halbwegs
regelmässig, aber nicht zwangsläufig täglich zu schreiben), kleinen Schritten
und dem Gedanken, einfach ein wenig mit meinen Ideen und Geschichten zu
spielen. Dann schreibe ich letztlich nicht nur eine Viertelstunde, sondern so
gut wie immer länger, oft sogar Stunden.
Christoph
Frei
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