Sonntag, 10. Dezember 2017

Meine erste #beste Schreibempfehlung






 DON’T BREAK THE CHAIN:

Die Ermahnung «Don’t break the chain» wird dem amerikanischen Comedian Jerry Seinfeld zugeschrieben. Das Prinzip entspricht in etwa dem, was Thomas Mann in seiner Erzählung «Tod in Venedig» mit «motus animi continuus» umschreibt, worin nach Cicero das Wesen der Beredsamkeit besteht, das möglichst nicht unterbrochen werden sollte. Entsprechend heisst es im ersten Kapitel: «Überreizt von der schwierigen und gefährlichen, eben jetzt eine höchste Behutsamkeit, Umsicht, Eindringlichkeit und Genauigkeit des Willens erfordernden Arbeit der Vormittagsstunden, hatte der Schriftsteller dem Fortschwingen des produzierenden Triebwerkes in seinem Innern, jenem ‘motus animi continuus’, worin nach Cicero das Wesen der Beredsamkeit besteht, auch nach der Mittagszeit nicht Einhalt zu bieten vermocht und den entlastenden Schlummer nicht gefunden, der ihm, bei zunehmender Abnutzbarkeit seiner Kräfte, einmal am Tag so nötig war.»


Bei dieser Methode hakst Du auf einem Kalender die Tage ab, an denen Du zum Beispiel an Deiner Masterarbeit geschrieben hast. Im Grunde lässt sie sich das Prinzip des «Don’t break the chain» auf alle grösseren Projekte anwenden. Ziel und Zweck bestehen darin, eine möglichst lange, ununterbrochene Kette von Tagen zu erzeugen, an denen Du an dem betreffenden Text gearbeitet hast und die auf dem Kalender gut sichtbar durchgekreuzt sind. Dieses Phänomen wird auch als als Streak bezeichnet, eine „Schreibsträhne“ also, in der Du ähnlich wie bei einer «Glückssträhne» richtig gut vorwärtskommst.


Angenommen ein Autor oder eine Autorin schreibt während mehr als fünf Jahren jeden Tag 600 Wörter, auch an Sonn- und Feiertagen und bei Krankheit, dann ist es verständlich, dass er oder sie davor zurückschreckt, die Kette oder Strähne plötzlich abreissen zu lassen.


Möglich, dass das Schreiben so sehr zur Routine oder Gewohnheit geworden ist, dass man gar nicht mehr anders kann, als weiterzumachen. Wenn die Kette erst einmal eine gewisse Länge erreicht hat, so die Theorie, haben Schreibängste und –blockaden keine Chance mehr, Dich aus dem Tritt zu bringen.


Die Methode, das Schreiben zur Gewohnheit zu machen, kannst Du natürlich auch etwas flexibler gestalten. Nicht von der Hand zu weisen ist freilich die Tatsache, dass Gewohnheiten eine Haltung verstärken, vermutlich weil das Gehirn einen Zustand kennengelernt hat, der ihm angenehm ist und den es immer wieder herstellen möchte. Man spricht diesbezüglich auch von Körperintelligenz.


Christoph Frei



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen